Bekanntmachung! Wittenberger Thesen 2.o

  • man buche ein schönes Hotel in Wittenberg (direkt auf dem Boulevard, mit Blick zum Marktplatz)
  • man begebe sich auf die Pilgerreise dorthin
  • man speise jeden Abend, so Gott will, italienisch
  • man schaue sich die Heimat- und Wirkungsstätte Luthers an (das Lutherhaus)
  • man besuche die Marktkirche
  • man lasse die Ausstellung „Luther 1517“ im 360 Grad von Yadegard Asisi auf sich wirken
  • man stehe ehrfürchtig vor der Thesentür an der Schlosskirche
  • man befahre mit stählerndem Gefährt die Universitätsstadt Wittenberg
  • man stehe staunend vor dem Hundertwasser-Haus

So, oder ähnlich proklamierte Luther seine Thesen im Jahre 1517 an die Tür der Schlosskirche. Nur dass Luther wesentlich ausführlicher und ambitionierter zu Werke gegangen ist. Bei ihm waren es 95 an der Zahl. Fr. T. (eine Bewohnerin des Hauses „Thomas Müntzer“) und ich kommen gerade auf 9 Thesen. Egal, lehrreich und atemberaubend war es.

Diese Reise nach Wittenberg war der lang ersehnte Herzenswunsch der oben erwähnten Bewohnerin. Und so weilten wir vom 28.7.2022 bis zum 1.8.2022 in der Stadt der Reformation. Klein und ehrfürchtig fühlten wir uns in dieser Stadt, in der Weltgeschichte lebendig erlebt werden kann.
So besuchten wir einen Gottesdienst in der Kirche, in der Luther ca. 2000 Predigten hielt (Stadtkirche). Es war ein besonderer Gottesdienst. Es war ein Wein- Gottesdienst, mit der Segnung eines Weinstockes und der anschließenden Prozession durch die Stadt. Dort wurde der Wein dann feierlich gepflanzt. Und wir Wernigeröder mittendrin!

Im Lutherhaus erfuhren wir, dass Luther einen großen Haushalt führte. Es waren um die 50 Menschen beim Abendessen versammelt. Und das jeden Abend! Seine Kinder, Ziehkinder, Studenten, Kollegen der Theologie – alle wollten verköstigt werden. Für Katharina von Bora, die Ehefrau Luthers sicher oft der Anlass, sich Sorgen um die benötigten Lebensmittel zu machen.

In der Schlosskirche fühlten wir uns ein wenig wie Indiana Jones, als sich der Sarkophag von Luther vor uns auftat. Fälschlicherweise hatten wir angenommen, er sei in Eisleben beerdigt. Um so gebannter standen wir davor. Ein Muss für jeden Besucher in der Lutherstadt ist die Thesentür. Ich frage mich, ob Luther auch so gehandelt hätte, hätte er gewusst, was er damit in Gang setzt. Er spaltet eine der mächtigsten Weltreligionen und übersetzt mal nebenbei die Bibel ins Deutsche. Ich glaube, er hätte es trotzdem getan. Luther war ein Überzeugungstäter. Und das ist gut so!

Noch ein Überzeugungstäter ist Yadegar Asisi. Er ließ uns Zeugen werden, wie Wittenberg im Jahre 1517 gewesen sein muss. Und das in einem Detailreichtum, dass einem schwindelig wird. Eingebettet ist all das in einer aufwendigen Licht- und Toninszenierung. So verknüpft der Künstler geschichtliche Schlüsselmomente mit dem alltäglichen Leben. Und am letzten Abend genossen wir eine Stadtrundfahrt mit der Altstadtbahn. Vorbei an den schon genannten Sehenswürdigkeiten und, für uns neu, am Hundertwasser- Haus entlang. Eine graue, alte ehemalige DDR- Schule hat so einen faszinierend neuen „Anstrich“ erhalten.  Somit ging unsere Reise zu Ende. Frau T. und ich sind glücklich, diese beeindruckende Stadt zusammen erkundet zu haben.

K. Dannenberg
Wittenberg, 01.08.2022