Fortbildung: Psychiatrie kompakt

Gut gefüllt war der Tagungsraum der Argenta – viele MitarbeiterInnen aus dem Haus „Thomas Müntzer“, vom Haus Anna, vom Plemnitzstift, aus dem Ambulant Betreuten Wohnen und aus der Tagesstätte waren gekommen und warteten gespannt darauf zu erfahren, was uns an diesen beiden Tagen erwarten würde. Die Überschrift „Psychiatrie kompakt“ ließ einiges vermuten, doch kommt es ja immer sehr auf den Dozierenden an, eine solche Überschrift möglichst nachhaltig mit Inhalten zu füllen.

Aller Augen und Ohren waren nun auf Herrn Prof. Dr. Schwarzer gerichtet – den Ruhestand sah man ihm nicht an, gelassen und im leichten Kölner Dialekt lud er uns auf eine zweitägige „Rundreise durch die Psychiatrie“ ein, um ein paar Zungenschläge später direkt auszusprechen: „Sie haben im Lauf dieser zwei Tage die Möglichkeit, Ihren Psychiater darauf anzusprechen, was Sie schon immer mal fragen wollten.“ Schon an dieser Stelle blitzte diese Haltung des Psychologen durch, dass es eben nicht Kranke und Gesunde oder Verrückte und Normale gibt, sondern dass es immer ein schmaler Grat vom Unproblematischen zum Problematischen ist. Dies stellte er dann – passend zur Rundreise – im Stundentakt der Fortbildung auf einer schematischen Landkarte dar: Am Rand liegt der Bereich des Unproblematischen, der an Problematiken von Psychosen, Depression, Suchterkrankung, Persönlichkeitsstörungen grenzt. Dazwischen Übergangsformen und Wechselwirkungen. Schematisch und deutlich stellte Herr Prof. Dr. Schwarzer uns die verschiedenen Krankheitsbilder vor, ging auf Psychopharmaka ein und vertiefte die Theorie anhand vieler eindrücklicher und anschaulicher Fallbeispiele aus Praxis und Erfahrung. Und so oft standen uns selbst die Klienten vor Augen, die diesen Anführungen entsprechen.

Geerdet fühlte ich mich selbst, wenn es um die Haltung des Mitarbeitenden ging und hier Achtsamkeit, Respekt und Vorsicht betont wurden; wenn Entwicklungspläne als „Rehalyrik“ bezeichnet wurden, die teilweise Unmögliches vom Erkrankten verlangen; wenn die Bedeutung von Tages- und Wochenstruktur unterstrichen wurde, die dem Betroffenen Halt und Sicherheit bietet. Gestärkt fühlte ich mich angesichts konkreter Praxistipps in Bezug auf Motivations- und Beziehungsarbeit. Herr Prof. Dr. Schwarzer zeigte die Problematik veralteter Medikamente und Therapieansätze auf, betonte aber auch: „Das Wissen von heute ist der Irrtum von morgen.“

Die Zeit verging an diesen beiden Fortbildungstagen wie im Flug, und doch hallt vieles nach in den Köpfen der Teilnehmenden, wie immer noch viele Kollegengespräche im Nachgang zeigen. Es ist ein gutes Zeichen nach einer solchen Veranstaltung, dass nach- und umgedacht und vielleicht sogar die eigene Haltung hinterfragt wird. Jedenfalls spiegelten dies die Aussagen der Teilnehmenden in der Feedbackrunde wider. Vieles wurde aufgefrischt, vertieft und an einigen Stellen ganz neue Erkenntnisse gewonnen.

Unser einvernehmlicher Dank gilt Herrn Prof. Dr. Schwarzer für die kurzweilige und doch tiefgreifende und anschauliche Fortbildung. Das „Rüstzeug“ für die Arbeit in den verschiedenen Bereichen hat er uns eindrücklich geliefert – manchmal in gemütlichem Kölner Dialekt und immer mit viel Bodennähe.

Anna Ditas
Wernigerode, 22.08.2024