Fünf Nadelstiche, große Wirkung
Ganz ehrlich – meine Wunschfortbildung war es nicht. NADA. Das klang erstmal nichtssagend und kam mir spanisch vor. Und dann auch noch „Protokoll“, hm. Irgendwas mit Akupunktur und Suchtbereich sollte es sein. Naja, machste halt.
Und jetzt? Jetzt bin ich sehr begeistert vom NADA-Protokoll und froh, diese Fortbildung besucht zu haben! Das NADA-Protokoll ist ein einfaches und standardisiertes Behandlungsverfahren, das seine Ursprünge in der Suchtbehandlung hat, sich aber weltweit in vielen weiteren Bereichen wie beispielsweise Psychiatrie, Gerontologie, Forensik und Palliativmedizin etabliert und bewährt hat. NADA steht für „National Acupuncture Detoxiciation Association“.
Normalerweise dürfen nur ÄrztInnen und HeilpraktikerInnen akupunktieren. Dieses Verfahren ist auf das Ohr begrenzt und darf von Ärzten auf weitere Personen delegiert werden. Es werden drei bis fünf Punkte in jedem Ohr akupunktiert, diese Punkte sind festgelegt. Doch auch die Haltung des Akupunkteurs ist wichtig – es soll ein wertschätzender, freundlicher und respektvoller Behandlungsstil herrschen, der es dem Klienten ermöglicht, sich zu entspannen.
Was mir besonders gut gefällt ist, dass dieses Verfahren ein nonkonfrontatives und nonverbales Verfahren ist; der Klient muss nicht sagen, warum er sich behandeln lassen möchte, auch muss er hinterher nichts reflektieren, nicht über sich oder seine Gefühle sprechen. Auch können hierbei mögliche Sprachbarrieren unberücksichtigt bleiben.
Noch ein Pluspunkt: Die Behandlung kann immer und überall durchgeführt werden. Wichtig ist natürlich die Einhaltung der Hygienemaßnahmen sowie die Möglichkeit, dass der Klient anschließend die Möglichkeit hat, sich 20 bis 45 min sitzend oder liegend mit den Nadeln im Ohr zu entspannen. Dies ist ausschlaggebend für die Wirkung – doch welche Wirkung soll eigentlich erzielt werden?
Das NADA-Protokoll wirkt universell: Es bedarf weder einer besonderen Indikation noch gibt es Ausschlusskriterien. Es gibt keine medizinischen Kontraindikationen.1
Es kann unter anderem2
- vegetativ ausgleichend und stabilisierend sein
- Wachheit und Aufmerksamkeit fördern
- Entspannung und körperliches Wohlgefühl fördern
- Suchtdruck senken und Entzugssymptome lindern
- bei Schlafproblem und innerer Unruhe helfen
- Ängste und depressive Stimmungen lindern
- die Therapie- und Gesprächsbereitschaft fördern
- die Selbstheilungskräfte anregen
- auch schmerzlindernd wirken
Wenn ich mir diese Liste anschaue, denke ich natürlich gleich an unsere Bewohnerinnen und Bewohner, an ihre psychischen und somatischen Symptome, an ihre ganz individuellen Prägungen und an die hohen Medikationen mit ihrem Spektrum an Nebenwirkungen.
Doch auch im Mitarbeiter-Team kann ich mir den Einsatz des NADA-Protokolls gut vorstellen und bin all jenen sehr dankbar, die sich mir offen und neugierig als Probanden zur Verfügung gestellt haben. In der nächsten Zeit möchte ich das NADA-Protokoll bei uns im Haus „Thomas Müntzer“ etablieren und möglichst regelmäßig für unsere BewohnerInnen anbieten. Dafür ist es unbedingt notwendig, dass noch weitere MitarbeiterInnen diese Fortbildung absolvieren, die aus zwei Kursen (insgesamt vier Tage) sowie einer praktischen und einer theoretischen Prüfung besteht.
Mein großer Dank gilt Frau Dr. Evmorfia Fromme, Kinder- und Jugendpsychiaterin und NADA-Trainerin, für die ansteckende Begeisterung sowie für die strukturierte und anschauliche Vermittlung in der Fortbildung, aber auch unserer Heimleitung Frau Tank, dass sie uns MitarbeiterInnen und unseren BewohnerInnen das Durchführen dieses Behandlungsverfahrens in unserem Haus ermöglicht.
Anna Ditas
1 NADA-Training Ausbildungsskript S. 4.
2 NADA-Training Ausbildungsskript S. 8.