I know, it`s over

Das waren die Worte, mit denen Araceli Gonzàlez Nùnez, kurz ARA, ihren Abschied beschrieb.

Ein Jahr war sie nun in Wernigerode gewesen, davon war sie acht Monate im Wohnheim Thomas Müntzer in der Tagesförderung tätig.

Für unser Haus war es die zweite Erfahrung mit Jugendlichen, die internationalen Freiwilligendienst in Deutschland leisten. Im letzten Jahr brachte uns Paula Brasilien näher und nun hat uns Ara ihr Heimatland Mexiko vorgestellt. Nicht nur Ara ist der Abschied schwergefallen, auch wir Mitarbeiter und die Bewohner sind traurig, dass diese gemeinsame Zeit vorbei ist.

Was bleibt uns als Erinnerung an Ara?

Jeden Tag hat sie ihren Wortschatz erweitert und alles ganz penibel aufgeschrieben, so wie sie in allem sehr ehrgeizig war. Es ist übrigens erstaunlich, was wir im Alltag für Worte gebrauchen!!

Sie war sehr verwundert, wie es sein kann, dass im Winter Blumen blühen und darauf manchmal noch der Schnee liegt und so heiß wie bei uns im Sommer ist es nicht mal in Mexiko.

Ara hat die Gedichtleine gemacht. Mit dem Wort konnte ich nun wieder gar nichts anfangen. Es ist eine Gedichte – Leine. Da wird eine Wäscheleine gespannt und daran werden Bilder von Dichtern und Gedichte aufgehängt. Eine kleine Runde interessierter Bewohner fand sich alle zwei Wochen zusammen. Ara hatte Gedichte oder kleine Geschichten, die zum Teil die Bewohner selbst geschrieben haben, ins Spanische übersetzt. Die Bewohner haben die deutsche Version gelesen und Ara die spanische Variante.

Zu Ostern haben wir mal die Rollen getauscht und Ara hat den Osterspaziergang auf Deutsch gelesen und ich auf Spanisch. Da ich dieser Sprache nicht mächtig bin, hat Ara mir erklärt, dass ll wie j gesprochen wird und das v wie b, also keine einfache Sprache. Mir hat es viel Spaß gemacht, mich mal in dieser Version des Osterspaziergangs auszuprobieren. Die letzten Worte aus diesem Gedicht sind schon lange der Leitspruch für unser Haus:

Aqui soy humano, aqui puedo serlo

Hier bin ich Mensch, hier darf ich`s sein

Als Ara uns am mexikanischen Tag im Wohnheim ihr Land vorstellte, zeigte sie auch ihre politisch-kämpferische Seite. Für uns in Deutschland schwer vorstellbar, werden in ihrem Heimatland Menschenrechte oft noch mit Füßen getreten. Dagegen wehren sich die Studenten.

Auch Spanischkurse hat sie angeboten. Hallo heißt ola und Guten Tag buen dia, Danke ist ganz schön schwer: agradecer. Da geht Tschüss mit hasta luego schon leichter über die Lippen. Das agua Wasser heißt, kann man sich gut merken.

In Stephan Meißner, einem Bewohner, hatte sie einen sehr interessierten Mitstreiter gefunden. Beide haben zusammen Collagen gefertigt und sich mit Literatur und Kunst beschäftigt. Er konnte ihr für ihren Berlintrip gute Hinweise geben, da diese Stadt für einige Jahre seine Heimat war.

Es gab da auch noch gemeinsame Aktivitäten nach der Arbeit wie einen Line-Dance-Schnupperkurs und den Firmenlauf.

Den letzten Tag bei uns wird Ara wohl nie vergessen. Sie hatte alle Bewohner eingeladen und in rührenden Worten ihre Zeit hier beschrieben. Zum Abschied gab es Umarmungen und Tränen.

Alle haben sich noch mal für ein Erinnerungsfoto aufgestellt.

Zum Abschied hatte sie ein Projekt vorbereitet. Dazu hatte sie Bewohner und Mitarbeiter fotografiert und aus den Fotos zwei Collagen erstellt. Ihre Mottos dazu waren:

Macht große Augen, um die Welt zu entdecken

und

Wir sprechen nicht die gleiche Sprache, aber wir sehen die gleiche Welt

Dann wurde Ara von einem lieben Bekannten abgeholt und es gab einen Ausflug nach Wolfenbüttel in eine Kunstgalerie. Die zwei Seelenverwandten hatten einen tollen Tag und Ara wunderte sich sehr, dass er bei der Heimfahrt ständig nach der Uhrzeit fragte. Was sie nicht wissen konnte und auch nicht sollte, war nämlich, dass die Mitarbeiter vom Wohnheim noch eine Überraschung vorbereitet hatten.

Pünktlich um 16.00 Uhr war Ankunft am Bürgerpark, wo wir schon alle warteten, um noch mal Abschied zu feiern. Wir hatten den Grillplatz im Bürgerpark organisiert und verbrachten noch einen tollen, wenn auch sehr heißen Abend miteinander.

Birgit Tank

Ara möchte gern wieder nach Deutschland kommen, um hier ihr Literaturstudium fortzuführen.

In unserem Haus ist sie immer willkommen.

Liebe Ara, du weißt:

Aqui soy humano, aqui puedo serlo