Warten auf den großen Piks
Wie sich Wernigeröder Pflege-Dienstleister auf Corona-Impfung vorbereitet
Die Gemeinnützige Gesellschaft für Sozialeinrichtungen Wernigerode bereitet sich auf eine große Impfaktion für alle Heimbewohner und Klienten vor. Am nächsten Wochenende soll es soweit sein.
Der größte Pflegeanbieter Wernigerodes fiebert auf ein Datum hin – den nächsten Sonnabend, 30. Januar. Dann sollen die Bewohner der fünf Seniorenheime der Gemeinnützigen Gesellschaft für Sozialeinrichtungen der Stadt (GSW), Nutzer des betreuten Wohnens und der vier Wohnheime für Menschen mit Behinderungen sowie Mitarbeiter ihre erste Corona-Impfung erhalten.
Insgesamt würden bislang 865 Impfdosen für die groß angelegte Aktion benötigt, rechnet Sandra Lewerenz vor. Wie die Geschäftsführerin der städtischen Tochtergesellschaft berichtet, sollen allein im Seniorenzentrum „Stadtfeld“ 270 Mitarbeiter und Bewohner den Piks erhalten. „Nachdem die Impfbereitschaft zunächst eher zögerlich war, nimmt sie nun jeden Tag zu“, erläutert die GSW-Chefin.
Sie hofft, dass – nach Berichten über Liefer-Engpässe des Serums von Pfizer und Biontech – am großen Tag auch eine ausreichende Menge des Vakzins bereitsteht. Denn der organisatorische Aufwand, das Unternehmen mit 500 Mitarbeitern „auf einen Rutsch durchzuimpfen“ sei immens, so Lewerenz.
Fünf Impfteams in Seniorenheimen im Einsatz
„Die Mitarbeiter in unseren Einrichtungen kümmern sich um die Vorbereitungen: Sie füllen die Anamnesebögen mit den Bewohnern aus, stellen sicher, dass Impfausweis und Chipkarte der Krankenkasse vorliegen, und sind mit den Angehörigen und Betreuern in Kontakt.“ Dazu müsse geklärt werden, wer mobil ist und wer nicht, Nachsorge und Ruhezeiten garantiert werden.
Der Plan der GSW: Fünf Teams mit Ärzten und Helfern von der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft fahren die Einrichtungen im ganzen Stadtgebiet ab, um den Impfstoff direkt zu Bewohnern und Patienten zu bringen. „Diese Zusammenarbeit hat sich über fast ein Jahr Pandemie eingespielt“, sagt Lewerenz. Ebenso funktioniere die Kooperation mit dem Harzer Impfzentrum in Quedlinburg.
Bedingung für alle, die über die GSW geimpft werden: „Zum Termin müssen alle einen negativen Corona-Test vorlegen, der nicht älter als 24 Stunden ist“, ergänzt die Geschäftsführerin. Im Notfall soll die Zusammensetzung der einzelnen Gruppen, die immunisiert werden, verändert werden.
Seit gut anderthalb Monaten teste die GSW zweimal wöchentlich ihr Personal, Bewohner einmal in sieben Tagen sowie bei Bedarf. „Wir haben das Virus in seinen unterschiedlichsten Facetten kennengelernt – von leichten, kaum spürbaren bis zu tödlichen Krankheitsverläufen“, so Lewerenz. Doch mit Ausbrüchen in den Heimen habe sowohl die GSW als auch das Gesundheitsamt des Landkreises umzugehen gelernt – und die Infektionswellen schnell unter Kontrolle zu bringen.
Lernprozess mit rührenden Momenten
Für den Pflegedienstleister sei das vergangene Jahr ein steter Lernprozess gewesen. „Wir haben in enger Abstimmung mit den einzelnen Hausleitungen und unserem Krisenstab zu Beginn einen Pandemie-Plan entwickelt und immer wieder angepasst.“
So sei die GSW nicht nur darauf eingestellt, binnen kürzester Zeit auf neue Bestimmungen der Landesregierung, etwa zu Besucherzahlen, zu reagieren, sondern mittlerweile auch auf Überraschungen: „Wir haben mehrmals erlebt, dass aus einem negativen Testergebnis binnen einiger Tage ein positives wird“, sagt die Chefin. Die Schnelltests schlügen wohl bei zu geringer Virenkonzentration nicht an. „Deshalb vertrauen wir eher auf die Resultate von Labortests.“
Doch die Pandemie habe auch „schöne Momente“ gebracht, erinnert sich Sandra Lewerenz: „In der Zeit des Besucherstopps im Frühjahr konnten sich unsere Mitarbeiter viel mehr Zeit für die Heimbewohner in Kleingruppen nehmen – da ist eine ganz neue persönliche Bindung entstanden.“ Dazu hätten sich Freiwillige, die in Kurzarbeit waren, gemeldet, um GSWKlienten vorzulesen oder mit ihnen zu spielen. Auch das Philharmonische Kammerorchester Wernigerode mit Konzerten vor Seniorenzentren, Sternekoch Robin Pietsch mit kostenlosen Mahlzeiten für Pfleger oder die Telekom, die Videotelefonie ermöglichte, sorgten für Lichtblicke.
Quelle: Harzer Volksstimme | Holger Manigk